Internationale Kooperation in der Hochschulbildung - Eine Plattform zur Validierung ausländischer und informeller Qualifikationen

Die Kooperationsprojekte sind angesichts der globalen Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung. Ein ehrgeiziges und vielversprechendes Projekt der Scuola universitaria professionale della Svizzera – SUPSI – im Bereich Soziales sticht hier heraus: «Transcultural Open Badges Platform». Der Projektverantwortliche Professor Filippo Bignami spricht über seine Erfahrungen sowie die Vorteile der internationalen Kooperation.

Filippo Bignami, Sie leiten ein überaus interessantes Projekt mit dem Namen „TOBP – Transcultural open badges platform for migrant’s transition mentoring in early life family care“ (Transkulturelle Open Badges-Plattform für die Übergangsbegleitung von Migranten im Rahmen der frühen Hilfen), das von Erasmus+ und Movetia unterstützt wird. Können Sie uns etwas mehr darüber erzählen?

Ziel des Projektes TOBP ist es, eine Reihe von Tools für die Kompetenzanerkennung von Fachleuten zu definieren, die in dem Bereich arbeiten, den man als «Übergangsbegleitung» definieren könnte. Es soll eine Open-Badges-Plattform generiert werden, um a) die Validierung ausländischer und informeller Qualifikationen zu ermöglichen und b) Bildungs- und Schulungsangebote im Kontext der neu entwickelten Arbeitskompetenz (und nicht des Berufsprofils) «Übergangsbegleiter» bereitzustellen.

Das Projekt soll dem Bedarf an Kompetenzanerkennung von Migranten entgegenkommen. Die Anerkennung von bereits erhaltenen Qualifikationen wurde als eine der Schlüsselherausforderungen in Europa anerkannt, und auch in der Schweiz ist dies ein wichtiges Thema. Migranten sind nicht in der Lage, eine Arbeitsstelle zu bekommen, da ihre Kenntnisse und Kompetenzen in ihren Gastgeberländern nicht anerkannt werden. Diese Nicht-Anerkennung von Qualifikationen und Vorkenntnissen, die im Ausland erworben wurden, ist laut einer UN-Erklärung aus dem Jahr 2016 eines der zentralen Migrationsprobleme unseres Jahrhunderts in allen postindustriellen Gesellschaften.

Die Anwendung einer solchen neuen Sichtweise erlaubt tiefgreifende Innovationen in der Ausbildung wie auch das Nachdenken darüber, wie man Bürger (wir dürfen nicht vergessen, dass Migranten im soziopolitischen und ethischen Sinne Bürger sind) befähigt, sich ihres Potenzials bewusst zu sein. Kurz gesagt: Es ist entscheidend, dass wir verstehen, wie wir die Kompetenzen der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Macht, die das Konzept der Staatsbürgerschaft (einschliesslich der Rechte und Pflichten) impliziert, steigern können, um einen leistungsfähigen Ansatz im Bereich Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Hierbei ist besonderes Augenmerk auf die Lebensumgebung Stadt zu legen, da die Städte die Orte sind, an denen gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Knotenpunkte entstehen.

Warum sind Finanzierungsprogramme für Kooperationsprojekte im Bildungswesen angesichts der globalen Herausforderungen so wichtig?

Diese Finanzmittel sind für die Teilnahme an solchen Projekten in vielerlei Hinsicht wichtig. In einer Zeit, die von tiefgreifenden und raschen Veränderungen bestimmt ist und in der Megatrends wie Urbanisierung, Digitalisierung, Gefährdung der Umwelt und andere Aspekte unvermeidbare Schlüsselthemen sind, ist das Schliessen von Grenzen schlichtweg Unfug. Dies ist eine simple Antwort auf komplexe Bedürfnisse. Schon deshalb, weil Waren, Dienstleistungen und Vermögen immer weniger «materiell» werden und in Zukunft Ideen, Lösungen und Chancen immateriell sein werden, und weil es, wenn man von diesen Faktoren profitieren möchte, erforderlich sein wird, zusammenzuarbeiten, die Gesellschaft mit Innovationskraft umzugestalten, neue Wege auszuprobieren und sich mit anderen zu verbinden und mit ihnen zu teilen. Das Konzept der Staatsbürgerschaft (die Inanspruchnahme, aber auch das Teilen von Vorteilen) muss durch Bildung weit gefächert erkundet und stärker ins Bewusstsein gebracht werden. Die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene scheint für ein Land wie die Schweiz, das in der geografischen Mitte Europas auf sich gestellt nicht eine Woche überleben könnte, nicht nur praktisch, sondern weise zu sein. Daher ist die Zusammenarbeit im Bereich Bildung – und darüber hinaus – von wesentlicher Bedeutung.

Wie haben Sie die Partnerschaft mit den anderen teilnehmenden Institutionen aus Österreich, Finnland, Deutschland und dem Kosovo aufgebaut? Können Sie Empfehlungen für das Vorgehen geben?

In der Folge eines vergangenen Erasmus+ Projekts unterhielt ich eine fruchtbare Beziehung zum österreichischen Koordinator, mit dem wir auch eine wissenschaftliche Kooperation pflegten. Nachdem sie geplant hatten, dieses Projekt einzureichen, war es nur logisch, auch mich einzubinden. Als Empfehlung würde ich sagen, dass es sehr wichtig ist, den Europäischen Partnern schon zu Beginn zu erklären, dass die Beteiligung eines Schweizer Partners kein Problem für das Projekt darstellt, sondern vielmehr ein echtes Plus bedeuten kann. Ich bin bei verschiedenen Gelegenheiten auf einige Missverständnisse hinsichtlich der Schweizer Teilnahmebedingungen gestossen, so dass auch hier eine Klärung erfolgen sollte. Natürlich geht es auch um die Reputation des Partners und manchmal auch der Person. Aber den Versuch zu unternehmen, aktiv Verbindungen zu schaffen und über die Grenzen der Schweiz hinaus mit anderen zusammenzuarbeiten, ist immer sehr nützlich, um wertvolle neue Möglichkeiten zu eröffnen.

Welchen Vorteil zieht die SUPSI aus einer strategischen Partnerschaft?

Der Vorteil ist meiner Meinung nach immer als ein Prozess zu sehen, der in zwei Richtungen abläuft. Strategische Partnerschaften sind Projekte, in denen die Partner in der Regel hohe Ansprüche stellen und bedeutend sind. Daher ist es meiner Ansicht nach falsch, wenn man sich an Projekten beteiligt und glaubt, dass nur eine Seite von Vorteilen profitieren wird. Nach meiner Erfahrung kann man umso mehr erhalten und profitieren (doppelter Gewinn), je aktiver man ist und je mehr man für das gemeinsam erzielte Ergebnis einbringt (Vorteil anbieten). Im Fall des Projekts TOBP kann die SUPSI vom Teilen einer Methode, innovativen Inhalten und der Erkundung einer Möglichkeit profitieren, was nicht nur für die SUPSI vorteilhaft ist, sondern die so gestaltet werden kann, dass alle interessierten Schweizer Institutionen und Akteure von ihr profitieren.

Wie zufrieden sind Sie mit der Unterstützung von Movetia bei der Implementierung der strategischen Partnerschaft?

Movetia leistet effektive und effiziente Unterstützung und Hilfe, nicht nur bei der Implementierung, sondern auch durch nützliche Tipps und Ratschläge für das Projektmanagement und die Einrichtung des Projekts. Insbesondere, wenn keine fundierten Erfahrungen im Bereich von Projekten zur strategischen Partnerschaft vorhanden sind, stellt Movetia meiner Meinung nach einen Ansprechpartner dar, der umfassenden Support leisten kann.

Dieses Interview ist Teil einer Reihe von Treffen mit Projektleitern im Rahmen von strategischen Partnerschaften. Hier finden Sie bereits ein weiteres Beispiele für die Zusammenarbeit.

Movetia unterstützt Zusammenarbeit

Die Hochschul-Institutionen der Schweiz dürfen über das Schweizer Programm für Erasmus+ Leitaktion 2 im Projekt für strategische Partnerschaften mit europäischen Institutionen kooperieren.

Strategische Partnerschaften sind ein Projektformat von Erasmus+. Sie erlauben europäische Kooperation auf allen Stufen des Bildungssystems. Die beteiligten Institutionen arbeiten zusammen, um innovative Konzepte, Methoden und Instrumente zu entwickeln, erfolgversprechende Vorgehensweisen zu teilen und Synergiepotenziale auszunutzen. Dies trägt zur Steigerung der Qualität bei und stärkt internationale Netzwerke.

Kooperationsprojekte werden in der Regel über pauschale Zuschüsse für spezifische Budgetposten finanziert. Die Höhe des Förderungsbetrags hängt von der Laufzeit des Projekts, den geplanten Aktivitäten und der Projektart ab.

Weiterlesen

Strategische Partnerschaften im Bereich Hochschulbildung

Ansprechpartnerin: Maria Stergiou