24. April 2017

Unter dem leicht provokativen Titel «Nationalsprachen, We Love You» wurde anlässlich der von der Università della Svizzera Italiana (USI) organisierten Veranstaltung «+identità: Settimana della Svizzera italiana» am 6. April 2017 in Bern die Frage diskutiert, wie man Jugendliche dazu bringt, die Nationalsprachen und vor allem die Minderheitensprachen der Schweiz zu lieben.


Ignazio Cassis, Nationalrat und Co-Präsident der interparlamentarischen Gruppe «Italianità» sprach über den allgemeinen Zustand der Minderheitensprachen im Parlament und darüber, dass die italienischsprachigen Parlamentarierinnen und Parlamentarier sich ständig gezwungen sehen, in einer anderen als ihrer italienischen Muttersprache zu kommunizieren, um sich Gehör zu verschaffen. Allgemein wird die italienische Sprache als nebensächliche Freizeit- und Feierabendsprache betrachtet. Diese Wahrnehmung muss sich ebenso radikal ändern wie die Wahrnehmung der anderen Minderheitensprachen der Schweiz.

Anschliessend stellte die Delegierte des Bundes für Mehrsprachigkeit, Nicoletta Mariolini fest, dass das sprachliche Gleichgewicht noch nicht erreicht ist, dass aber Bewegung in die Sache kommt. Enormes Aufholpotenzial besteht etwa im Bereich der beruflichen Integration von Lernenden. Hier könnte der Schlüssel zum Erfolg in der Einführung von Mobilitätsprogrammen für Lernende liegen, die in der schulfreien Zeit stattfinden, damit der Berufsfachschulunterricht nicht gestört wird.

Für Alain Schorderet, Direktor der Sophie und Karl Binding Stiftung und Mario Battaglia, Vorsteher der Abteilung Sekundarstufe II des Kantons Bern, können Lehrpersonen wesentlich zum Erfolg der Sprachenförderung beitragen. Die Sprachen müssen an den Schulen präsent gemacht werden, und es müssen entsprechende Weiterbildungsangebote erarbeitet werden. Yvonne Pesenti Salazar, Mitglied des Consiglio regionale CORSI/RS erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass beim Thema Sprachen oft nur Gymnasiastinnen und Schüler von allgemeinbildenden Schulen angesprochen werden. Dabei sollte man idealerweise nicht bloss früher handeln, sondern auch umfassender, durch Einbezug der Lernenden. Eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Landessprachen könnten die Medien spielen, indem sie für die breite Öffentlichkeit Plattformen schaffen, die sich dem Thema Sprachen widmen.

Die Diskussionsrunde endete mit einer Präsentation verschiedener Ideen für die Förderung der italienischen Sprache in der Schweiz, die Berner und Tessiner Gymnasiastinnen und Gymnasiasten anlässlich eines Klassenaustauschs gemeinsam erarbeitet hatten. Italienisch in den Vordergrund stellen bedeutet, der Sprache Platz einzuräumen, damit sie gehört wird. Das wäre etwa möglich durch die Einführung einer «italienischen Woche» an allen Schulen, begleitet von schweizweiten Kultur- und Sportveranstaltungen mit Bezug zur italienischen Sprache.

«Sprachenlernen sollte einer Liebesgeschichte ähnlich sein. Das Lernen sollte bei den Jugendlichen Gefühle wecken», wünschte sich Nationalrat Ignazio Cassis zum Abschluss. Interesse an neuen Kulturen, Offenheit und Neugier – dies sind die Zutaten der Mehrsprachigkeit. Die Rolle der von den Rednerinnen und Rednern oft erwähnten Austausch- und Mobilitätsprogramme wird somit klar: Jugendliche brauchen Gelegenheiten, um mit offenem Geist Neues zu entdecken. Als nationale Agentur für die Förderung von Austausch und Mobilität engagiert sich Movetia voll und ganz für die Einführung einer kohärenten Politik zur Förderung von Sprachen bei den Jugendlichen.

Für konkrete Angebote verweisen wir Sie auf unsere Klassenaustausch- und Ferienaustauschprogramme.