Das nationale Austauschprogramm in der Berufsbildung ist in Vorbereitung. Movetia lanciert es im Frühling 2022. Das Ziel: Möglichst viele Berufsfachschulen und weitere Akteure der Schweizer Berufsbildung sollen ihren Lernenden Austausche in einer anderen Sprachregion des Landes anbieten. An der kaufmännischen Berufsfachschule Nyon (EPCN) besteht dieses Angebot bereits seit sechs Jahren. Diese Initiative der EPCN ist ein Pilotprojekt und dient als Beispiel erfolgreicher Praxis.


«Unsere Lernenden, die sechs Monate in Zürich verbringen, haben bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt.» Die Botschaft ist klar. Jérôme Pittet ist Direktor der EPCN. Seit sechs Jahren bietet die kaufmännische Berufsfachschule in Nyon ihren Lernenden die Möglichkeit, ihr drittes Semester in Zürich zu absolvieren. «Durchschnittlich nutzen jedes Jahr ungefähr zehn junge Waadtländerinnen und Waadtländer das Angebot, während etwa fünf junge Menschen aus Zürich zu uns kommen», sagt Laila Aroub, Verantwortliche der Lernendenaustausche an der EPCN. Die Teilnehmenden müssen dabei in der Gastregion eine Arbeitsstelle suchen, sei dies in der Deutschschweizer Niederlassung ihrer angestammten Firma oder in einem Unternehmen, das in der gleichen Branche tätig ist. Die Waadtländer Lernenden besuchen die Schule an der Wirtschaftsschule KV Zürich und seit diesem Jahr auch an der WKS KV Bildung in Bern.

Kein Abbruch möglich

«Als wir das Projekt lanciert haben, war die Bedingung, dass weder Ausbildungsabbrüche noch Wiederholungen möglich sein dürfen. Das heisst, dass die Noten in Zürich nicht offiziell erfasst werden. Sie werden nur zur Orientierung vergeben», erklärt Jérôme Pittet. «Dies erfordert eine enge Betreuung der Lernenden vor, während und besonders nach ihrem Austausch. Wir bieten Stützkurse für die Schülerinnen und Schüler an, die ein Semester in Nyon verpasst haben, damit sie bei Bedarf den Schulstoff auffrischen können», so Laila Aroub.

Ein unbestreitbarer Mehrwert

«Wir sind von der Berufsausbildung überzeugt, und dieses Austauschprogramm ist ein Weg, um sie zu stärken und ihr mehr Anreiz zu verleihen. Wir möchten zeigen, dass ein EFZ zahlreiche Möglichkeiten eröffnet und man dabei ebenso wie bei einer gymnasialen Maturität wichtige fachliche und persönliche Kompetenzen erlangt», führt der Direktor der EPCN an. «Die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer kommen reif und stolz zurück», freut sich die Verantwortliche der Sprachaustausche. «Neben den erworbenen sprachlichen Fähigkeiten in einer anderen Landessprache entwickeln die Lernenden soziale Kompetenzen, die auf dem Arbeitsmarkt immer wichtiger werden, darunter Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, kritische Urteilsfähigkeit und Offenheit.»  Die Unternehmen ihrerseits sind laut Jérôme Pittet der gleichen Meinung und tragen das Projekt mit.

Nicht zu vernachlässigende Aspekte

«Wir sind bemüht, dass der organisatorische und administrative Prozess die jungen Menschen nicht davon abhält, an diesem Austauschprojekt teilzunehmen», sagt Laila Aroub. «Ausserdem legen wir Wert darauf, die Teilnehmenden zu begleiten – ohne sie dabei allerdings zu fest an der Hand zu nehmen –, damit sie nicht aussteigen und damit ihre Erfahrung möglichst positiv wird.» Laila Aroub steht daher in regelmässigem Kontakt mit den Lernenden und erfasst Zwischenberichte über deren Aufenthalte in Zürich. «Es ist klar, dass der Anfang nicht immer einfach ist, aber wenn die Eingewöhnungszeit einmal geschafft ist, kriegen wir sie manchmal fast nicht mehr nach Nyon zurück», scherzt Jérôme Pittet.

Auf der Basis dieses erfolgreichen Pilotprojekts sollte die Lancierung des nationalen Programms den Wunsch des EPCN-Direktors erfüllen können: dass dieses Austauschangebot auf nationaler Ebene institutionalisiert wird und für alle Lernenden des Landes zugänglich ist. Möchten auch Sie ein ein Austauschprojekt umsetzten? Informieren Sie sich zum NABB-Programm.