Housing – Herausforderung und Chance für die Internationalisierung

Housing (Unterkünfte) im Kontext von internationaler Mobilität ist in vielen europäischen Hochschullandschaften ein wiederkehrendes Thema. Wir haben das Thema genauer unter die Lupe genommen und zwei Verantwortliche an Schweizer Hochschulen interviewet, die von ihrem Unterkunftsangebot erzählen und aufzeigen, wie Housing die Mobilitätsquote positiv beeinflussen kann.

Internationale Studierende haben vermehrt Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche. Das Beispiel aus den Niederlanden zeigt, dass Massnahmen für die Regulierung von internationalen Studierenden eingeführt werden und Warnungen bezüglich der Wohnsituation durch die Hochschulen an diese kommuniziert werden. In Kanada wurde ein alternatives Housing-Modell entwickelt, welches internationalen Studierenden erschwingliche Studentenwohnheime anbietet, die von Hochschulen und Universitäten unabhängig sind. Ziel ist, so gegen die Engpässe von Familienwohnungen aufgrund der Umwandlung in Studentenwohnungen entgegenzuwirken. Auch in der Schweiz ist die Wohnungsknappheit in beliebten Regionen für viele Studierende eine Realität, wobei international mobile Studierende in der neuen Umgebung im Nachteil zu stehen scheinen.

Wenn man ein gutes Unterkunftsangebot für internationale Studierende hat, ist es für diese leichter, sich auf dem Campus zu integrieren und mit den einheimischen Studierenden in Kontakt zu treten.

(Peggy van der Wallen, Verantwortliche Student Mobility Services UNISG)

Housing kann nicht nur als Herausforderung, sondern auch als eine Fördermassnahme für internationale Mobilität betrachtet werden. Diese Feststellung wurde im Bericht ‘Mobilitätsquoten und Internationalisierungsindex der Schweizer Hochschulen’ gemacht, der unter der Leitung von Lucas Haldimann und im Auftrag von Movetia 2023 veröffentlicht wurde (siehe Movetia Artikel). Die Bereitstellung von Unterkünften für internationale Studierende und Dozierende ist dabei einer der Internationalisierungsindikatoren, die einen starken Zusammenhang mit der Mobilitätsquote aufweist. Ein solches Unterkunftsangebot kann einen positiven Effekt auf die Incoming-Mobilität, aber auch auf die Outgoing-Mobilität haben: Durch die erleichterte Organisation eines Aufenthalts für Incomings wird ein internationales Studienumfeld gefördert, welches sich positiv auf die eigene Outgoing-Mobilität auswirkt. Die Durchmischung von lokalen und internationalen Studierenden und Dozierenden hat demnach einen entscheidenden Einfluss auf die ausgehende Mobilität.

Für unsere Studierende ist es von Vorteil, wenn sie mit Gaststudierenden sprechen können. Dieser persönliche Austausch hilft unseren Studierenden sehr bei der Entscheidungsfindung, wenn es um die Wahl einer Austauschuniversität geht...

(Peggy van der Wallen, Verantwortliche Student Mobility Services UNISG)

Studentisches Wohnen gezielt und vielfältig fördern 
Die letztere Beobachtung konnte auch Peggy van der Wallen, Verantwortliche des Student Mobility Services der Universität St.Gallen, machen. Das Housing Office stellt dabei eine wichtige Dienstleistung für internationale Studierende sowie Austauschstudierende dar. Die Universität St.Gallen bietet ein interessantes Beispiel dafür, wie Hochschulen ihre Internationalisierungsstrategie gezielt durch die Förderung von studentischem Wohnen unterstützen. Einerseits hat sie sehr früh in eigene Wohneinheiten für Studierende investiert, andererseits hat sie alternative kostengünstige Varianten wie die Facebook-Community «Sharing is Caring» für mobile Studierende entdeckt. Wir durften ihre Einblicke zum Thema Housing sowie die Perspektive eines Austauschstudierenden in einem Interview festhalten.

Weitere wichtige Erkenntnisse zum Thema Housing weist auch der International Student Housing Report auf, der in Zusammenarbeit zwischen dem Erasmus Student Network (ESN) und der European Students’ Union (ESU) 2023 veröffentlicht wurde:

  • Insgesamt zeigen die Daten, wie wichtig sowohl von den Hochschulen bereitgestellte Unterkünfte als auch private Wohnmöglichkeiten für die Unterbringung von Austauschstudierenden sind. Während Wohnheime ein Gefühl von Gemeinschaft und Komfort bieten, wird bei den privaten Wohnmöglichkeiten Flexibilität und Unabhängigkeit geschätzt.
  • Die Analyse der Umfrage unterstreicht die Notwendigkeit, dass die beteiligten Institutionen ihr Unterstützungsangebot im Bereich Housing für die Studierenden ausbauen. Die Entwicklung einer Strategie für die Wohnungssuche kann die allgemeine Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Austauschstudierenden verbessern. Die Art der Unterstützung durch die Hochschule kann unterschiedlich ausfallen: ein eigenes Unterkunftsangebot, die Veröffentlichung von wichtigen Informationen über Wohnungsmöglichkeiten sowie die Zusammenarbeit mit Partnern und deren Vermittlung an die Studierenden. 
  • Auch wurden die grössten Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche der Studierenden untersucht. Diese umfassen vor allem die frühzeitige Zahlung einer hohen Mietkaution, oft vor Erhalt der Fördergelder, fehlende Informationen über die Wohnsituation in der Gastregion sowie die Sprachbarriere in Bezug auf den Mietvertrag. 

Die Partnerschaft mit der Fondation Maisons pour Etudiants Lausanne (FMEL) zielt darauf ab, die Internationalisierung der Universität zu fördern. Auf diesem Weg wird versucht, eine Reihe von Austauschabkommen zu sichern.

(Cédric Rychen, Leiter des Service des affaires sociales et de la mobilité étudiante (SASME) UNIL)

Wie Kooperationen Wohnangebote für internationale Studierende und Dozierende ermöglichen
Wir durften im Schweizer Kontext ein zweites Interview mit Cédric Rychen durchführen, Leiter des Büros für soziale Angelegenheiten und studentische Mobilität an der Universität Lausanne. Die Universität Lausanne hat eine Partnerschaft mit der Fondation Maisons pour Etudiants Lausanne (FMEL), eine Schweizer gemeinnützige Non-Profit-Organisation, welches das Ziel der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Häusern für die Unterbringung von Studierenden verfolgt. Durch die Partnerschaft konnte die Universität Lausanne auch Plätze für internationale Mobilitäten sichern. Das Housing-Angebot in Lausanne richtet sich dabei nicht nur an Studierende, sondern auch an Gastdozierende, die zusätzlich zur Internationalisierung der Hochschule beitragen können. Trotz zunehmender online Kollaboration in Forschung und Lehre, bleiben reale, physische Treffen zwischen Personen aus unterschiedlichen Hochschulkulturen zentral. Weitere Eindrücke aus der Perspektive der Universität Lausanne erhalten sie im folgenden Interview. 
 

Konkrete Empfehlungen
Welche Massnahmen können Hochschulen konkret ergreifen, um die mobilen Studierenden im Bereich Housing so gut wie möglich zu begleiten? Der Bericht von ESN und ESU hat konkrete Vorschläge für die Unterstützung der Austauschstudierende vor, während und nach ihrer Mobilität gesammelt. Folgende Beispiele werden empfohlen: 

  • Eine klare Aufgabenteilung zwischen Heim- und Gastinstitution bezüglich der Wohnungssuche.
  • Die Etablierung eines Peer-to-Peer-Unterstützungsmechanismus (Outgoings bieten Incomings ihre Unterkunft an).
  • Eine Analyse der Wohntrends der Austauschstudierenden.

Zusammengefasst können Hochschulen im Bereich der Kommunikation, dem Informationsaustausch, der rechtlichen Unterstützung einen Unterschied in der Wohnungssuche und in der Austauscherfahrung bewirken.