Internationale Kooperation in der Hochschulbildung - Schulräume von morgen gestalten

Die Gestaltung von Bildungsräumen und Schulgebäuden ist eine echte Herausforderung für die Schule von morgen. In diesem Zusammenhang konnte die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz (PH FHNW) dank der Zusammenarbeit mit drei europäischen Ländern das Projekt PULS+ entwickeln, welches die Bündelung von Wissen über Architektur und Raumorganisation mit pädagogischen Konzepten und Projekten ermöglicht. Ulrich Kirchgässner, Projektleiter an der FHNW, spricht über diese interinstitutionelle Erfahrung.

Ulrich Kirchgässner, Sie leiten «PULS+», ein von Erasmus+ und Movetia gefördertes Kooperationsprojekt. Können Sie uns etwas darüber erzählen?

Hinter dem Projekt PULS+ steht der Verbund «PULS» - der Name steht für Professionelle Unterstützung von Lern- und Schulraumentwicklung. PULS wurde 2015 von Menschen aus den Ländern Deutschland, Italien/Südtirol, Österreich und der Schweiz vor dem Hintergrund ins Leben gerufen, dass in den beteiligten Ländern im Schulbau umfangreiche Investitionen anstanden – und anstehen. Und dass für solche Bauprozesse die Frage zentral ist, wie pädagogische Vorstellungen und Konzepte architektonisch und räumlich umgesetzt werden. Das macht Beteiligungsprozesse notwendig bzw. vor und während der Bauphase eine dialogische Kooperation der Akteure aus Pädagogik, Architektur und Verwaltung.

In dem EU-Kooperationsprojekt wurde nun eine zweijährige universitäre Weiterbildung entwickelt. Deren Zielsetzung ist, durch gute Prozessbegleitung die Qualität von kooperativen Lern- und Schulraumentwicklungsprozessen zu steigern und Schulen von Beginn an als Mitverantwortliche und Mitentscheidende zu beteiligen. Inhaltlich geht es um die Themenfelder Lernen, Raum und Prozessentwicklung, und Reflexion, ergänzt durch Workshops, Reallabore, Praktika und Exkursionen. Für uns als Schweizer Projektpartner ist es ausserdem ein definiertes Ziel, das Thema «Lernen und Raum» im Studium für Lehrpersonen zu integrieren.

Warum sind Förderprogramme für internationale Kooperationsprojekte in der Hochschule angesichts der globalen Herausforderungen wichtig?

Die Frage der Bildung ist eine globale Herausforderung, und alle Länder haben Bildungssysteme und das Anliegen, über Bildung die globale Teilhabe – wirtschaftlich, kulturell und sozial – zu gestalten. Da liegt es auf der Hand, voneinander zu lernen, über nationale und kulturelle Grenzen hinweg. Unser Projekt PULS+ ist international und doch auch regional, da es von dem deutschsprachigen Schulraum ausgeht. Die beteiligten Länder Deutschland, Österreich, Italien/Südtirol und Schweiz weisen bezüglich des Bildungssystem hohe Ähnlichkeiten aufweisen, z.B. in der geschichtlichen Entstehung und in ihren föderalistischen Strukturen. Vergleichbar ist auch eine Veränderung im Bildungsverständnis von homogenen Strukturen hin zu Formen der Öffnung, der Individualisierung und der Inklusion - was wiederum neue Anforderungen an Bildungssräume impliziert.

Der Ausgangpunkt «Deutschsprachiger Raum» war sinnvoll, gleichzeitig wurde an vielen Stellen deutlich, dass diese Begrenzung nur vorläufig sein kann, weil Bildungssysteme weiterer Länder bereichernd und auch herausfordernd wirken. Dieses voneinander Lernen ist wohl die herausragende Qualität der internationalen Kooperationsprojekte.

Wie ist die Kooperation zustande gekommen?

Bereits ab 2013 haben wir am Institut Primarstufe der Pädagogischen Hochschule FHNW Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit dem Titel «Schularchitektur im Dialog» durchgeführt. Darüber entstanden dann der Kontakt zu dem sich formierenden «PULSverbund» und die entsprechenden Kontakte.

Mit der Durchführung des PULS+-Projektes hat sich nun ein erweitertes Netzwerk zum Themenfeld Lernraumentwicklung gebildet und es steht die Frage an, wie sich diese Menschen und das enorme Potential an Erfahrung, Kompetenz und Kreativität nach Abschluss des Projektes weiter organisieren werden. Erste Instrumente dazu wurden bereits im PULS+-Projekt entwickelt, nämlich eine Kooperationsplattform («PULSkooperation») sowie eine interaktive Datenbank («PULSatlas»), in welcher Schulen mit ihrem pädagogischen Konzept, ihren Zielen, der aktuellen räumlichen Substanz präsentiert werden.

Welchen Vorteil zieht die Pädagogische Hochschule FHNW aus einer strategischen Partnerschaft?

Das liegt auf der Hand: Kontakte, Partnerschaften und inhaltliche Kooperationen sind entstanden und das Thema Lernen und Raum ist in der Hochschullehre des Instituts Primarstufe etabliert. Der Blick auf den eigenen Bildungsraum wird auf diese Weise ausgeweitet und um neue Perspektiven ergänzt.

Besonders deutlich wurden solche «Anreicherungen» auf dem im Februar 2020 an der PH FHNW in Muttenz durchgeführten Symposium «Nachhaltige Beteiligung vom Schulumbau zur Lernraumentwicklung», in welchem die Expertisen aus dem «PULSverbund», aus der Schweiz, aus umliegenden Ländern und auch aus unterschiedlichen Disziplinen zusammengeführt wurden. Es entstanden, insbesondere im Rahmen eines expliziten Vernetzungsforums, neue Kooperationen und Vereinbarungen für weitere Projekte.

Wie bewerten Sie die Unterstützung von Movetia für Ihr Projekt?

Die Unterstützung durch Movetia war durchweg konstruktiv und mitdenkend. Formale Fragen wurden kooperativ gelöst und die inhaltliche Perspektive wurde dabei immer im Blick behalten – das ist ein sehr grosses Lob.

Dieses Interview ist Teil einer Reihe von Treffen mit Projektleitern im Rahmen von strategischen Partnerschaften. Hier finden Sie bereits das erste und zweite Interview als Beispiele für die Zusammenarbeit. 

Movetia unterstützt Zusammenarbeit

Die Hochschul-Institutionen der Schweiz dürfen über das Schweizer Programm für Erasmus+ Leitaktion 2 im Projekt für strategische Partnerschaften mit europäischen Institutionen kooperieren.

Strategische Partnerschaften sind ein Projektformat von Erasmus+. Sie erlauben europäische Kooperation auf allen Stufen des Bildungssystems. Die beteiligten Institutionen arbeiten zusammen, um innovative Konzepte, Methoden und Instrumente zu entwickeln, erfolgversprechende Vorgehensweisen zu teilen und Synergiepotenziale auszunutzen. Dies trägt zur Steigerung der Qualität bei und stärkt internationale Netzwerke.

Kooperationsprojekte werden in der Regel über pauschale Zuschüsse für spezifische Budgetposten finanziert. Die Höhe des Förderungsbetrags hängt von der Laufzeit des Projekts, den geplanten Aktivitäten und der Projektart ab.

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Kontakt bei Movetia

Ansprechpartnerin: Maria Stergiou